
Luna – das Ende einer Schlittenhunde – Ära
Es ist Februar geworden; Die Sonne ist zurück und wirft lange Strahlen über unsere Farm in Nordschweden. Unsere Huskys heulen Johanna und ihrem kleinen Schlittenhundeteam hinterher, während sie über den schneebedeckten See zu einer kleinen Tour aufbricht.
Es fehlt nur eine Stimme im Chor. Lunas Stimme.
Vor ein paar Tagen sind Johanna und Luna zu einer letzten gemeinsamen Reise aufgebrochen. Das Ziel war der örtliche Tierarzt in Töre, der Luna einschläferte – ganz in Ruhe und voller Respekt.
In den letzten Wochen, als langsam klar wurde, dass Lunas Zeit zu Ende geht, tauchte immer wieder ein Satz auf: “Mit Luna geht eine Ära zu Ende.”
Und ohne dass wir genau verstehen können, was wir damit eigentlich gemeint haben, ist es doch ein Kreis, der sich schließt und neu beginnt.
Ein kleiner Rückblick
Ich möchte Dich gerne mitnehmen, mitnehmen auf eine kleine Zeitreise. Vielleicht gelingt es mir dieses Gefühl zu beschreiben, das entsteht, wenn ich an Lunas Ära denke.
Denn mit Luna hat alles angefangen und mit „Alles“ meine ich unser Leben mit Schlittenhunden – mein „Alles“.
Als sie geboren wurde waren Johanna und ich als Helferinnen in einem großen touristischen Schlittenhundecamp und erlebten unseren zweiten lappländischen Winter.
Sie war der einzige Welpe einer Hundemutter die sich nicht besonders gut gekümmert hat.
Luna verhielt sich von Anfang an höchst seltsam. Sie wirkte verstört, koordinativ wenig entwickelt, sehr schüchtern und orientierungslos. Als sie zum Beispiel nach dem Eingang zu ihrer Hütte suchte, fand sie ihn selten, und wir vermuteten, dass sie Probleme mit dem Sehvermögen haben könnte.
Johanna befürchtete, dass die kleine Luna in einem Kennel mit über 100 Hunden untergehen würde. Wie sollte sie hier überleben? Auch der Umstand, dass sie so gut wie kein Sozialverhalten durch ihre Mutter lernte, machte ihre Chancen, Teil des großen Rudels zu werden, zunichte.
Johannas Entschluss stand schnell fest – Luna kommt zu uns.
So wird ein Bauwagen schnell zur grossen Hundehütte
Ich hätte mich damals sicher noch nicht entschieden, für einen Hund verantwortlich zu sein. Obwohl klar war, dass wir in Lappland bleiben würden, war Vieles noch ungewiss.
Aber gut, dachte ich – wenn Luna bei uns einzieht, können wir auch einen zweiten Welpen haben.
Das erschien mir nun wieder völlig logisch und so kam neben Luna auch Jet in unser Leben. Jet stammte aus einem anderen Wurf mit mehr Welpen der fast zeitgleich zur Welt kam.
Zu dieser Zeit lebten wir in einem 10 Quadratmeter großen Wohnwagen auf dem Parkplatz des Huskycamps. Mit zwei Welpen verwandelte sich unser Zuhause in eine sehr große Hundehütte. Überall lagen lustige Hundespielzeuge rum und mittendrin, wild tobend, Jet und Luna.
Irgendwie fand die große Veränderung, die ich erwartet hatte, nicht statt – es gab diese zwei kleinen Hundekinder, die alle möglichen Unsinn im Kopf hatten, aber sie passten ganz natürlich in unser Leben. Zur Arbeit konnten wir sie mitnehmen und steckten sie kurzerhand in unsere Overalls, um die 3 Kilometer mit dem Skooter von unserem Bauwagen bis ins Camp und zurück zu fahren. Vor Ort konnten sie während unserer Arbeitszeit fröhlich in einem der Zwinger spielen.
Lunas ersten Lebensmonate waren nicht einfach
Die ersten Wochen vergingen und es war auffällig, dass Luna im Gegensatz zu Jet für alles länger brauchte. Ihr war schnell alles zu viel. Sie war sehr schreckhaft und versteckte sich mit Vorliebe unter unserem Bauwagen sobald irgendetwas neues passierte. Auch mit mir wurde sie nur langsam warm und ich musste mir über mehrere Monate ihr Vertrauen erarbeiten.
Johanna war ihre Bezugsperson, mich hingegen hat sie noch sehr lange skeptisch angeschaut. Dazu kam, dass sie in ihren ersten Lebensmonaten regelmäßig enormen Durchfall hatte, den wir auch mit Tierarzt lange nicht in den Griff bekamen. Es ging ihr zeitweise sehr schlecht und weder Reis und Hühnchen-Kuren, Futterpausen oder diverse Arzneimittel halfen wirklich. Ihr Zustand besserte sich mit zunehmendem Alter.
Im Sommer zogen wir in eine Mietwohnung in Porjus. Uns war klar: Wir bleiben in Nordschweden. Also wollten wir auch die Sprache lernen. Im Husky Camp sprachen wir hauptsächlich Deutsch und Englisch, da es viele internationale Freiwillige gab. Ich begann in einem Hotel in Porjus und Johanna in einem Berghotel in Stora Sjöfallet zu arbeiten.
Zwei Huskies in einer Mietswohnung
Und natürlich kamen Jet und Luna mit. Nach dem freien Leben im Bauwagen und reichlich Platz im Zwinger mit den beiden in eine Mietswohnung zu ziehen, hat uns regelmäßig Stoßgebete Richtung Himmel schicken lassen, das alles heile bleibt.
Es wurde auch schwieriger, die Hunde zur Arbeit mitzunehmen.
Ich nahm sie oft mit ins Hotel und band sie draußen an einer langen Leine fest. Das Ergebnis war, dass sie während meiner Arbeit glücklich den gesamten Garten rund um das Hotelgebäude zerstörten.
Auch mein Versuch die beiden – mal kurz – in unserem alten Volvo zwischen zu parken war wenig erfolgreich. Als ich wieder kam hatten sie nicht nur den Stoffhimmel des Autos zerfetzt, auch das neue Radio mit samt aller Kabel war zerlegt und ausnahmslos alle Sicherheitsgurte zerbissen. Ich frage mich noch immer, wie sie dieses Chaos in so kurzer Zeit schaffen könnten. Ich war wirklich nicht lange weg …
So ging es jedenfalls nicht weiter – wir vier in einer Mietswohnung.
Erster Hundezwinger wird gebaut
Also zogen wir wieder um. Diesmal nach Osten in ein altes Haus in der Nähe des Dorfes Kainulasjärvi – mit einem großen Grundstück, umgeben von Wald.
Noch bevor wir unsere Sachen ausgepackt hatten, bauten wir bereits unseren ersten eigenen Zwinger. Die beiden fühlten sich draußen immer wohler als drinnen und das Grundstück lag recht nah an einer Straße – also war ein Zwinger eine fantastische Idee.
Luna und Jet haben es geliebt. Spielen, buddeln und nach Lust und Laune rumtoben!
Gleichzeitig gründeten wir unsere Firma und ich begann meine Ausbildung zum Wildnisführer. Johanna kümmerte sich um die Entwicklung unseres Unternehmens und ich begann ein Praktikum in einem anderen Kennel, um mein Wissen über Training und Ernährung der Schlittenhunde zu vertiefen.
Wann immer Zeit war, machten wir Ausflüge mit Jet und Luna. Wir begannen mit Kickschlittentouren, sobald es Schnee gab. Für Schlittentouren sind 2 Hunde natürlich ein bisschen wenig. Mit vier Hunden könnten wir allerdings….
Das Team wächst
Also zogen die nächsten Schlittenhunde Kesik und Sapun zu uns und wir bauten Zwinger Nummer 2. Alle Vierbeiner kamen super miteinander aus und mit einem geliehenen Schlitten unternahmen wir dann auch endlich unsere erste kleine Schlittentour mit den eigenen 4 Hunden.
Luna war von Anfang an eine richtige Zugmaschine und lehnte sich sofort ins Geschirr um los zu legen. Jet tat das Gleiche – zumindest auf den ersten Kilometern – – danach ist sie eher mitgelaufen als wirklich zu ziehen. Als die Touren länger wurden, 30 km und mehr, machte Jet ihr Unlust sehr deutlich, indem er sich auf den Boden warf und klar signalisierte: “Ich will umdrehen! Ich möchte nach Hause!”
Wir haben eine Weile versucht, es ihr bequemer zu machen. Vielleicht passt das Geschirr nicht richtig? Vielleicht hat sie eine Verspannung am Rücken? Aber irgendwann war es klar. Sie will einfach nicht auf so lange Touren! Dabei ist es dann auch geblieben.
Luna hingegen wollte immer rennen, immer ziehen. Sie war vielleicht nicht die Schnellste, aber sie war sehr konstant und 100% zuverlässig!
Unsere Lieblingstour begann direkt an unserem Haus in Kainulasjärvi. Der Trail führte auf einem Waldweg zu einem kleinen Berg. Oft konnten wir rechts und links vom Trail Birkhühner sehen, die beim Auffliegen regelrechte Schneeexplosionen verursachten. Der Blick vom Berg über die Sümpfe und den Wald war immer ein besonderer Moment.
Unsere Firma begann langsam zu wachsen und sehr bald boten wir unsere ersten eigenen Wildnisreisen mit Übernachtungen in gemütlichen Wildniscamps an.
Zu dieser Zeit muss es gewesen sein, dass Johanna und ich zu einer Reisemesse fuhren. Wir überließen Jet und Luna zwei Wochen lang an eine Freundin. Es war die Zeit der ersten Läufigkeit. Als wir zurückkamen, hatte sich etwas in ihrer Beziehung geändert, etwas war zwischen ihnen schwierig geworden. Wir hatten wenig Erfahrung mit dieser Art von Problem und es dauerte nicht lange, bis sich die beiden arg in der Wolle lagen.
Unsere einzige Lösung bestand darin, sie getrennt zu halten, sobald sie unbeaufsichtigt waren. Sie stritten sich sehr stark und verletzten sich auch manchmal entsprechend. Keine von ihnen wollte sich unterwerfen.
Der Kennel wird erweitert, mal wieder
Also haben wir Zwinger Nummer 3 gebaut, um genug Platz für sie zu haben. Gleichzeitig haben wir den Kennel um den fünften Hund, Kate, erweitert.
Johanna hatte sich in den Kopf gesetzt, gerne einen Wachhund haben zu wollen. Wir wohnten 2 Kilometer vom nächsten Nachbarn entfernt und die Vorstellung, dass ein Hund ein Auge auf unser Zuhause hat, gefiel ihr.
Hier oben gibt es allerdings nur Jagdhunde oder Chihuahuas und so fand sie erst in Südschweden in einem Tierheim einen Wachhund. Also fuhr Johanna 14 Stunden nach Süden, mitten im Schneesturm, um einen Hund zu holen, den sie noch nie gesehen hatte.
So kam Leo zu uns und kurz darauf, völlig aus dem Nichts – die nächste Anfrage. Ob wir den Hund Dino haben wollen, er sucht ein neues Zuhause.
Plötzlich hatten wir 7 Hunde und der vierte Zwinger wurde gebaut.
Die neuen Hunde gefallen Luna
Luna war total verliebt in Dino. Sie wollte nie mitten im Trubel sein und mit Weibchen hat sie sich nicht wirklich gut vertragen . Die Grundlage für gutes soziales Verhalten bildet sich im Welpenalter, dieses Wissen war jedoch ein Mangel im Leben von Luna und leider können diese Erfahrungen später im Leben nicht nachgeholt werden. aber Dino durfte alles. Sie wollte ständig mit ihm spielen und er durfte sogar mit in ihre Hütte – das hätte sie sonst niemandem erlaubt.
Luna hat den Umgang mit älteren Hunden nie gelernt und somit auch nicht, sich zu unterwerfen. Die Lernerfahrung, dass Hunde zu streiten aufhören sobald man sich unterwirft hat ihr gefehlt. Sobald ein neuer Hund kam spannte sich ihr ganzer Körper an und alle Haare wurden aufgestellt, was oft als Angriffssignal gedeutet wurde und dann zum Streit führte.
Sie war nicht aggressiv, aber sehr unsicher was sich auch dadurch zeigte, dass nach einem Streit die anderen Hunde nie verletzt waren, sie aber hier und da Löcher und Wunden hatte. Rüden sind auf ihre Signale nie so angesprungen und Luna konnte sich irgendwann entspannen. Das ist fast bis zu ihrem Lebensende so geblieben. Nur die letzten Wochen fehlte ihr die Kraft für dieses Spielchen und selbst unser Kater hat sie nicht mehr interessiert.
Lunas erstes Rennen und ihr bester Lehrmeister
Bei meinem allerersten Rennen, dem 300 Kilometer langen Pasvik Trail, war Luna dabei und hat es sehr gut gemeistert. Zu dieser Zeit lief sie als Wheeldog in meinem Team. Als 2 Jahre später Loop, ebenfalls ein ganz besonderer Hund für mich und ein großartiger Leithund, zu uns kam, brachte er Luna alles bei, was sie wissen musste, um als Leithund zu laufen.
Loop verwandelte Luna in einen der besten Leithunde. Sie konnte den Kommandos perfekt folgen, auch im Tiefschnee und ohne Spur war das für sie kein Problem. Nur zu viele Hunde hinter ihr durften es nicht werden und Jet konnte nur dabei sein, wenn sie ganz hinten im Wheel lief während Luna vorne ihre Arbeit tat.
Man könnte meinen es wären einfach immer mehr Hunde geworden, aber das stimmt nicht ganz. Kurz bevor wir nach Miekojärvi gezogen sind haben wir für die Jüngeren neue, gute Zuhause gesucht. Wir wollten uns erstmal eine solidere finanzielle Grundlage schaffen. Die Firma entwickelte sich langsam, stand aber noch ganz am Anfang und 3 junge Hunde zu haben denen wir nicht gerecht werden können und die soviel wollen, brachten wir nicht übers Herz.
Also zogen wir mit weniger Hunden (Jet, Luna, Dino, Loop und Leo) und vielen Zwingern um.
Zeit für einen Ortswechsel
Luna liebte den neuen Ort sofort. Rund um unseren Hof ist nicht viel los. Wenn an einem Tag fünf Autos ins Dorf und wieder zurückfahren, ist das schon viel. Zusätzlich kommt nur noch das Postauto. Da wir sehr nahe am See wohnen und fast immer eine leichte Brise weht, gibt es im Sommer nicht so viele Mücken. Und nachdem wir unser neues Grundstück eingezäunt hatten, konnten die Hunde freilaufen und herumtollen. Luna blühte richtig auf.
Als wir hierherzogen, gab es einen wunderschönen Garten rund ums Haus. Er war in einem sehr guten Zustand und für jeden Gartenliebhaber ein wahrer Traum. Wir, hauptsächlich Johanna, haben zwei Jahre lang gekämpft. Aber dann haben wir aufgegeben. Es war unmöglich, die Blumenbeete vor den Hunden zu retten und mit kleineren und größeren Barrikaden irgendwie alles vor den Fellnasen zu schützen.
Good-bye schöner Garten
Es machte einfach zu viel Spaß die jungen Kartoffelpflanzen heraus zu rupfen, um sie dann voller Freude herumzuschleudern, dass sie in alle Richtungen flogen.
Luna hatte es vor allem das Erdbeerfeld angetan. Natürlich nur die schön roten, die die richtig reif sind. Sie ist die Reihen systematisch mit der Nase voraus abgelaufen und hat sich nur die besten herausgesucht. Für uns blieben, wenn überhaupt, die matschigen übrig.
Während sich die Hunde um unseren Garten kümmerten, verbrachten wir die meiste Zeit damit, das Unternehmen weiterzuentwickeln. Zusätzlich zu unserem Online-Reisebüro haben wir unsere eigenen aktiven Reisen organisiert. Wir nahmen unsere Gäste mit in die Natur und übernachteten in Wildniscamps ohne Strom oder fließendes Wasser, um unsere Leidenschaft für den arktischen Norden mit ihnen zu teilen.
Wir wollten erstmal Geld verdienen, alles stabiler machen, um dann vielleicht, vielleicht mal wieder mehr Hunde haben zu können.
Der Schlittenhundevirus
Aber schon im ersten Winter merkte ich, dass etwas fehlt. Wenn einen erstmal der Schlittenhunde-Virus gepackt hat, gibt es kein Zurück mehr.
Also fing ich wieder an, nach neuen Hunden zu suchen.
Diesmal eher etwas ältere Hunde. Hunde mit mehr Erfahrung, damit ich von ihnen lernen kann. Mit mehr Erfahrung im Team fühlte es sich zu diesem Zeitpunkt viel einfacher an, die Verantwortung für sie, die bereits ausgebildeten Hunde, zu übernehmen.
Also kamen Falk, Riis und Fausto zu uns. Luna war auf der Stelle begeistert! Alles Rüden und im Auslauf konnte sie die drei wunderbar herumkommandieren (ihre Lieblingsbeschäftigung) und die Jungs zeigten sich absolut tiefenentspannt, bis hin zur Ignoranz. Die perfekte Symbiose!
Auch die Firma wächst
Unsere Firma entwickelte sich weiter und bald waren wir abwechselt immer unterwegs. Ob eine geführte Reise auf die Lofoten oder eine Tour in die Wildnis. Die andere kümmerte sich um das Haus, den Hof und die Hunde. Die Hunde waren sehr zufrieden. Das Wichtigste für sie war, und ist es auch heute, dass eine von uns da ist und die Tage mit Spielen, Spaß und Training füllt. Und natürlich bleibt immer genug Zeit zum herumliegen und chillen.
Auf einigen Touren hatten wir die Hunde dabei. Zum Beispiel Leo auf den Lofoten, Falk und Dino im Fjell und Luna immer, wenn wir im Wald zum Beeren sammeln waren – Blaubeeren zu naschen liebte sie mindestens so sehr wie die heimischen Erdbeeren.
Luna erinnerte uns regelmäßig daran, wie schön es ist, am See zu leben. Es war offensichtlich, wenn sie zwischen dem See und uns hin und her rannte, am Seeufer anhielt, sich wild im Kreis drehte und schließlich auffordernd in die Luft guckte. Das bedeutete so viel wie: Los! Los! Komm schon! Wirf ein Spielzeug! Ich will schwimmen gehen! Das haben wir natürlich immer wieder gerne gemacht.
Luna wechselt ins Rentner-Team
Mit der Zeit wurde klar, dass Luna sich in einem größeren und weiterwachsenden Team nicht wohl fühlte. Außerdem schienen die längeren Trainingsdistanzen sie mehr Energie zu kosten als die anderen Hunde. Also nahm ich sie aus dem Rennteam und von da an lief sie nur noch auf kleineren Schlittentouren mit, bald schon mit einigen der anderen älteren Hunde.
Mein erstes eigenes Design war auch von Luna inspiriert. Ihr Konterfei wurde das erste T-Shirt und Hoodie-Design das wir an Freunde, Familie und Helfer verschenkt haben. Und noch heute werden sie in Ehren gehalten – unter anderem in Trier, Bielefeld, Borgholzhausen, Paris und Barcelona. Schon damals war sie für mich DAS Symbol für meine Schlittenhundeleidenschaft und mein Leben mit Hunden.
Während Luna Wanderungen, Schneeschuhtouren, kleine Trainingsläufe, Spaziergänge und Schnüffelspiele genoss, finanzierten wir unser Leben mit Reisen und Angeboten im Sommer und zusätzlichen Jobs im Winter, hauptsächlich Jobs im Tourismus oder in der Hotelbranche. Unser Plan, im Sommer ein stabileres Einkommen und im Winter mehr Zeit für das Training mit den Hunden zu haben, wurde langsam Wirklichkeit.
Also sprach nichts dagegen, dass wir von 4 Zwingern und 5 Hunden innerhalb von 5 Jahren auf 10 Zwinger mit insgesamt 17 Hunden erweiterten. Rate mal wem das ein großes Grinsen aufs Gesicht gezaubert hat…
Nachdem ich drei Mal das kleine Finnmarkslöpet über 550 Kilometer gefahren bin reifte in mir der Plan eigene Junghunde zu züchten und zu trainieren, um dann beim 1200 Kilometer langen Finnmarkslöpet an den Start zu gehen.
Das Team wächst weiter…
Und wie du sicher weißt, kamen in den letzten drei Jahren noch mal 16 Welpen und 7 weitere Zwinger dazu. Und wir haben unser bisher größtes Firmenprojekt, das MI.EKO BASECAMP mit vielen naturnahen Aktivitäten aus der Taufe gehoben, ein Gästehaus übernommen und ein Restaurant eröffnet – gefolgt von der Corona bedingten Insolvenz und allem was 2020 noch so passierte….
Aber davon habe ich schon genug erzählt – zurück zu Luna:
Ich erinnere mich noch genau, dass wir letzten Herbst einen großen Hundecheck durchgeführt haben. Wir hatten gerade ein neues Karteikartensystem erstellt und alle Hunde wurden systematisch untersucht. Ich weiß noch, dass ich zu Svenja gesagt habe: „Die Luna ist echt noch fit, die wird uralt!“
Natürlich haben die älteren Hunde ihre Probleme. Hier eine kleine Beule, abgenutzte Zähne und so weiter. Jets Nase ist immer trocken, Sopins rechtes Bein ist geschwollen, Solans Bellen kann ziemlich heiser sein… Nur Luna, die war, bis auf eine kleine Beule, noch quietschfidel.
Luna – unsere fitteste Rentnerin
Nur Luna, die war, bis auf eine kleine Beule, noch quietschfidel.
Jetzt im Winter kam sie, nach zwei Jahren ohne Läufigkeit, noch einmal in die Hitze. Zu der Zeit hatte ich sie mit dem kastrierten Finn laufen lassen. Die beiden haben wilder gespielt als ich es eingeschätzt hatte. Luna hat sich auch prompt verrenkt und danach feste Schmerzen gehabt.
Wir dachten sie humpelt und hat sich vielleicht vertreten, haben dann aber gemerkt, dass es eher der Nacken ist. Da es in den folgenden Tagen eher schlimmer als besser wurde sind wir zum Tierarzt gefahren. Er fand Spondylose auf den Röntgenstrahlen und einige andere altersbedingte Schwachstellen. In Kombination mit einem Bandscheibenvorfall und Arthrose in den Vorderhandgelenken verursachte dies bei Luna starke Schmerzen.
Der Tierarzt war jedoch optimistisch. Aus Erfahrung heraus gab er ihr eine gute Chance, dass sie nach zwei Wochen Ruhe und Schmerzmitteln als Seniorin gut leben könnte.
Luna´s letzte Wochen
Wieder zurück haben wir sie also ausgiebig gepflegt. Damit sie es schön warm am Rücken hat hatten wir sie nur noch drinnen im Warmen. Nachts hat sie bei uns in der Cabin geschlafen, regelmäßig ihre Schmerztablette bekommen und wir haben auf Besserung gehofft. Schnell wurde jedoch klar, dass das nicht reicht. Telefonisch haben wir mit dem Tierarzt besprochen was wir noch machen können, um sie von den Schmerzen zu befreien. Er war überrascht, dass die Behandlung nicht funktionierte. Er empfahl, die Dosis zu erhöhen und sie zusätzlich mit einem weiteren Schmerzmittel zu behandeln, das direkt auf die Nervenbahnen abzielt. Wir hofften, dass Luna so endlich schmerzfrei sein konnte.
Wir haben es fünf Wochen lang versucht. Eine von uns hat sich immer um Luna gekümmert. Die Tabletten mussten in sehr genauen Abständen verabreicht werden, so dass der Wecker auch mal mitten in der Nacht losging. Die regelmäßigen Intervalle verhinderten, dass der Schmerz genauso heftig zurückkehrte. Wir legten Isomatten um ihre Hundebox, um die warme Luft in der Nacht zu reflektieren, zogen Luna eine Hundedecke gegen die Kälte an, wenn wir kurze Pipi-Spaziergänge machten, und hatten viel Geduld mit ihr beim Füttern und Trinken. Die Betreuung war ein wesentlicher Bestandteil der Tagesplanung geworden und beschäftigte mindestens eine von uns fast 24 Stunden am Tag.
Sobald wir mit den Schmerzmitteln etwas spät dran waren, kam der Schmerz sofort zurück und Luna, voller Angst vor dem Schmerz, wollte sich für einige Zeit nicht bewegen.
Wenn unser Timing stimmte, hatte sie eine gute Zeit. Ja, sie war total „auf Drogen“, aber sie war wieder gut gelaunt, fast schon übermütig. Leider rächte sich das dann auch, wenn sie es mal übertrieben hatte und weiter als 50 Meter am Stück gegangen ist Wir mussten einsehen, dass es keinerlei Besserung gab und auch an eine Reduzierung der Schmerzmittel war nicht zu denken.
Wann ist es Zeit für den Abschied?
Wann ist der Moment an dem wir loslassen müssen? Wann ist es Zeit einen Hund zu verabschieden? Wie lange sollen wir auf eine Besserung zu warten?
Wir haben die Erfahrung gemacht, dass es meistens wir selber sind, die sich vom Leben eines Hundes nicht trennen möchten, die nicht loslassen wollen Und in einem Fall wie Lunas kommen die Schuldgefühle noch oben drauf. Wenn ich sie nicht mit Finn hätte spielen lassen, hätte sie vielleicht keine Schmerzen gehabt und hätte ein bisschen länger leben können? Diese Gedanken machen es noch schlimmer.
Johanna weiß es normalerweise irgendwann. Sie spürt den Moment, in dem es Zeit für sie ist, loszulassen. Dann sperrt sich alles in ihr gegen dieses Gefühl und eine große Angst breitet sich aus. Angst vor dem Leid und dem Schmerz der da ist oder der kommt. Kein Tier sollte leiden. Unser Anspruch, immer zu wissen, wie es unseren Hunden geht, bringt auch viele Vorwürfe mit sich. Hätten wir etwas anders machen sollen? Haben wir etwas verpasst zu tun?
Johanna versucht dann nach den Prämissen des Tieres die besten Entscheidungen zu treffen. Im Falle von Luna: Woran hat sie noch Freude? Frisst sie noch? Wieviel Lebensfreude strahlt sie noch aus?
Es ist Zeit
Und irgendwann sah sie diese Müdigkeit in Lunas Augen und wusste: Jetzt ist die Zeit gekommen! Jetzt können wir einen Termin machen und gemeinsam zum Tierarzt fahren. Unsere letzte gemeinsame Reise antreten.
Bei mir gehört das Ende, zumindest das altersbedingte, irgendwie dazu. Es ist Teil des natürlichen Kreislaufs und irgendwie geht es doch immer weiter und das muss es ja auch! Gleichzeitig hoffe ich immer wieder „auf ein Wunder“. Ich hoffe auf Verbesserung. Und dann holt die Traurigkeit, mich zu verabschieden, auch mich ein. Und doch überwiegt meine Dankbarkeit für die gemeinsame Zeit, für all die Erlebnisse die wir teilen konnten und das Vertrauen das wir ineinander hatten.
Lunas letzte Reise
Ich habe dann einen Termin mit dem Tierarzt vereinbart. Johanna und ihre Luna machten sich zusammen auf den Weg, als die Zeit gekommen war. Johanna fährt lieber alleine und macht kein “großes Ding” daraus. Je ruhiger und entspannter sie ist, desto natürlicher ist die Situation, desto ruhiger ist der Hund. Und wenn es der richtige Moment ist und es sich innerlich richtig anfühlt, kann sie sich auf positive, lockere und entspannte Weise auf diese letzte Reise begeben.
Luna und einige der anderen Hunde, von denen wir uns bereits verabschieden mussten, gingen im Allgemeinen gern zum Tierarzt. Dort im Behandlungsraum haben die Hunde genug Zeit, um herumzuschnüffeln und sich langsam zu entspannen. Wenn es dann an die erste Beruhigungsspritze geht, die sie müde werden lässt, hat sich der Hund bereits auf den Boden gelegt und genießt es, von Johanna gestreichelt zu werden.
Das was dann kommt ist eher für uns Menschen schwierig, als für die Hunde.
Luna ist längst mit dem Kopf auf Johannas Arm eingeschlafen, als sie die weiteren Spritzen bekommt. Es ist nie schön, Abschied zu nehmen, aber es ist einfacher, ohne Angst und in einer friedlichen Umgebung.
Der letzte Schlafplatz unserer Hunde ist natürlich zu Hause auf unserer Farm, wo wir ein Grab für sie haben, daher nehmen wir sie vom Tierarzt wieder mit nach Hause.
R.I.P. – unsere Memorywall
Nach einigen Tagen, wenn es für uns geht, nehmen wir dann ihr Namensschild von ihrem Zwinger und hängen es an unsere Cabin, an unsere Memorywall. Da hängen sie alle: Bamse, Goethe, Loop, Dino, Leo, Fausto, Riis und Falk. Bald werden wir soweit sein, auch Lunas Schild dazu zu hängen.
Luna hat uns fast 13 Jahre begleitet. Sie war der Anfang von unserem Leben mit Schlittenhunden. Sie hat uns so viel beigebracht: Wie viel Geduld es braucht, um Vertrauen zu gewinnen. Wie sich Persönlichkeiten verändern können, aber doch irgendwie gleich bleiben. Wie sich eine neue Umgebung positiv auswirken kann. Und wie schnell es manchmal zu Ende geht. In einem Moment denkst du, du hast noch viel Zeit miteinander und dann ist es plötzlich vorbei.
Wir haben alles versucht, um noch mehr Zeit mit Luna zu haben, haben für Luna gekämpft und mussten erkennen, dass es Zeit ist, Abschied zu nehmen …
… und trotzdem nach vorne schauen.
Johanna ist von ihrer Trainingstour zurück. Acht zufriedene Fellnasen hüpfen zurück in ihre Zwinger.
Und dann heulen sie gemeinsam, wie es so ihre Art ist.
Lunas Stimme fehlt.
Abschiede sind schwer. Aber wenn wir in den letzten Monaten eines gelernt haben, dann ist es, dass es immer ein Vorher gibt, ein Nachher und ein Jetzt.
Mit Luna geht eine Ära zu Ende.
Die letzten Wochen, in denen uns Lunas Ende langsam bewusst wurde, waren wie eine Zeitreise. Eine Reise durch unsere Lebensgeschichte hier im Norden. Eine Geschichte von Neuanfängen, Veränderungen und Abschieden.
Ich bin dankbar für jedes Heulen, das ich von Luna hören durfte. Ich werde sie in meinem Herzen tragen und mich an sie als großartige Lehrerin und Lebensbegleiterin erinnern.
Ich denke, ich werde bald Lunas Namensschild nehmen und es umhängen…
Und freue mich auf das Neue – was kommen wird und von dem ich noch nichts weiß!

